Als Ema am Morgen aufwachte, fühlte sie sich.. Depressiv? Krank? Oder nichts von alldem? Klar, sie hatte ja auch keinen Grund, deshalb so spät in die Arbeit zu kommen. Oder, wie man genauer sagt.. Viel zu spät.
Jedenfalls huschte sie die ganze Zeit in ihrer Wohnung hin und her, ohne jemals eine Pause zu machen. Als sie fertig war, schnappte sie sich ihre Schlüssel und raste die Treppen des altmodischen Hochhauses hinunter. Sie lebte hier seit.. Naja, seit wann? Sie hatte sich eigentlich gar keine Gedanken darüber gemacht, aber seit sie praktisch erwachsen war (zu diesem Zeitpunkt seit 4 Jahren), musste sie allein alles regeln, was ihr im Leben wichtig war. Heißt auch: Arbeit, Wohnung und Freunde. Ihre ältere Schwester Lana, eine ehemalige Inspektorin, hatte ihr beigebracht, was sie im Leben unbedingt brauchte. Und das ist auch gut so, denn ehrlich gesagt, wer würde denn wollen, dass er nichts kann? Niemand, oder? Aber jetzt lenken wir mal nicht vom eigentlichen Thema ab..
Ema eilte, so schnell wie sie konnte, direkt zur Wright & Co. Talent Agency, wo Apollo arbeitete. Klar, sie hätte auch direkt zum Tatort gehen können, aber es wäre besser, erst mal nachzufragen, was sie tun könnte. Eigentlich wollte sie nie Detektivin werden, sondern, wie sie es immer sagte, eine wissenschaftliche Ermittlerin. Schon im zarten Alter von 16 wollte sie es. Sie war praktisch so besessen darauf, dass sie alles andere in den Schatten stellte. Sie wollte nur das und bekam die größte Pleite ihres Lebens. Ausgelöst durch einen Fehler, aber dazu erst viel später.
Schnell klopfte sie an die Tür, aber als sie keine Antwort bekam, rüttelte sie einfach an der Klinke, doch zu ihrer Enttäuschung musste sie feststellen, dass die Tür abgeschlossen war.
"Oh nein!", seufzte sie und überlegte lange hin und her, was sie machen könnte. Als ihr nichts einfiel (klar, das war eine ihrer mäßig größten Schwächen, die sie hatte), schaute sie sich halb im Wartezimmer um - und erschrak.
"AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAH!" Ihre Lippen bebten und sie lief rot an. Denn wie kann man wissen, dass da jemand sitzt? Und zwar ein gewisser blondhaariger Typ, der sofort aufsprang und sie beruhigte: "Shh.. Tut mir leid, ich wollte dich nicht so erschrecken, Fräulein."
Ema stierte auf ihre Füße und rang sich zu einer Antwort durch: "Nichts passiert. Nur.. Ich schrecke mich immer so leicht, weißt du?" - "Ah, deshalb. Ein Geheimnis von dir? Na, dann.. hab ich's entdeckt." Er legte sanft einen Finger unter ihr Kinn und sie war gezwungen, ihn anzusehen. Dann lächelte er und zog seinen Finger trotzdem nicht weg. Ihr schoss das Blut in den Kopf und ihr wurde automatisch wieder heiß. Verdammt, wieso denn? Sie wollte ja nicht mit Klavier zusammen sein - oder vielleicht doch? In ihrem Kopf pochte es. Jetzt reicht's! Wieso fasste er sie an? Wieso grinste er wie ein dämlicher Blödmann? Und - wo zum Teufel steckte Apollo?
Als er nach 5 dämlichen Minuten noch immer seinen Finger unter ihrem Kinn hatte, reichte es ihr wirklich. "NIMM DEINE BLÖDE HAND DA WEG, DU BLÖDMANN!", schrie sie und starrte ihn finster an. Er zuckte zurück und vergrub seine Hände in den Hosentaschen seiner schwarzen, ausgestellten Hose. Augenblicklich tat es ihr Leid. Wirklich. Deshalb fügte sie sanfter hinzu: "Es tut mir wahnsinnig Leid, aber ich mag das nicht, wenn.. Naja, wenn Leute, die ich erst seit 1 Tag kenne, einfach so mein Kinn anfassen. Ich wollte dich nicht.. angreifen."
Sie atmete heftig aus und wartete auf seine Antwort. Klavier öffnete zögernd den Mund, aber als er reden wollte, ging die Tür schwungvoll auf und Apollo stand im Türrahmen, begleitet von Trucy und einem unbekannten Mädchen, die lange, schwarze Haare und schöne, große, blau-grüne Augen hatte, wie sie erkennen konnte. Dennoch schritt sie auf Apollo zu und umarmte ihn flüchtig. "Hey. Wo warst du?", fragte sie, während er seinen vollen Aktenordner auf die Theke knallte. Aber er beantwortete ihre Frage nicht, sondern drehte sich zu der Unbekannten um und sagte: "Willst du dich nicht vorstellen? Ist doch eine gute Chance, da du bald als Anwältin arbeitest." Das hübsche Mädchen schritt schüchtern einen Schritt zurück, aber dann überlegte sie es sich anders und schritt wieder nach vorn und stellte sich zögernd vor: "Mein Name ist Mary Faraday und ähm, ja, wie Apollo schon gesagt hat, arbeite ich bald als Anwältin. Genauer gesagt als Verteidigerin. Wenn ihr noch was wissen wollt, fragt mich einfach." Ema starrte sie nur missbilligend an und drehte sich zu Apollo um. "Hey, du hast meine Frage gar nicht beantwortet!" und stemmte die Hände in die Hüften. "Ah, äh, ja.. Ich war mit ihr unterwegs, weil sie unsere Stadt nicht kennt. Weil.. sie kommt aus einem fremden Land. Besser gesagt, für uns." Er kratzte sich am Hinterkopf und möglicherweise erwartete er gar keine Antwort, denn er drehte sich um und ging schnurstracks ins Büro hinein.
Plötzlich hörte sie Gelächter und sie drehte sich abrupt um. Da saß doch tatsächlich ihr Prinz, der Mann ihrer Träume und flirtete mit einer Bald-Anwältin, die ihm vielleicht in einem späteren Leben gegenübersteht. Vielleicht. Aber was tat sie? Zuschauen, wie die beiden lachten? Oder sich aus dem Fenster stürzen?
Nein, sie entschied sich dafür.. Dass sie die Tür ganz fest zuknallte und erreicht hatte, was sie wollte: Das Lachen verstummte sofort. Noch äußerst zufrieden ging sie die Treppen hinunter und als sie auf der Straße stand, konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.